Zwischen Paris, Berlin und Wien sucht die Französin Julia Druelle nach Spuren von außergewöhnlichen Menschen und Begebenheiten im Europas des 20. Jahrhunderts. Für die Tageszeitung "Le Monde" wird die Nachwuchsjournalistin in den kommenden Monaten ihre Entdeckungen festhalten.
Julia Druelle sammelt Geschichten.
Die 22-Jährige Französin lauscht mit Vorliebe den Stimmen aus der
Vergangenheit. In ihrer Wohngemeinschaft im Westen Wiens, die 1985 gegründet
wurde, hängt eine Liste mit den 113 Bewohnern, die eine Zeit ihres Lebens hier
verbracht haben. Menschen verschiedener Nationalitäten, mit ganz
unterschiedlichen sozialen Hintergründen und Berufszielen. Auf dem Flohmarkt
von Wien fotografiert sie Objekte aus Sowjetzeiten, Feldpost aus beiden
Weltkriegen, Grammophone und alte Puppen. Sie sucht im Alltag der Menschen nach
Hinweisen, um das Schicksal Europas zu verstehen. Seit kurzem schreibt sie
darüber auf ihrem Blog.
Als eine von 68 Mitgliedern von
"Le Monde Académie" hat sie die einmalige Gelegenheit, ihre Gedanken
und Beobachtungen zu veröffentlichen und auch regelmäßig eigene Artikel für die
Printausgabe vorzuschlagen. Hier kann sie den Lesern der renommierten
Tageszeitung auf spannende Weise von bewegenden Momenten des letzten
Jahrhunderts berichten. Die Geschichtensammlerin wird selbst zur Erzählerin.
"Drei von uns werden im nächsten Sommer ausgewählt und sind dann für ein
Jahr lang richtige Redakteure bei Le Monde in Paris!". Ein Traum für die
aus Calais stammende Studentin, die sich auf einen der begehrten Plätze an
einer französischen Journalistenschule beworben hatte und plötzlich schon
selbst journalistisch arbeiten darf. Ihr Hauptinteresse gilt dabei Frankreich
und Deutschland, die beiden Länder, die den Anstoß für die europäische Einigung
gaben.
Über den Friedensnobelpreis für die
Europäische Union habe sie sich gefreut, da ihr bisheriger Lebenslauf sie zu im
gewissen Sinne zu einer "französischen Europäerin" gemacht habe. Ihre
universitäre Laufbahn begann mit einem dreijährigen deutsch-französischen
Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Potsdam und Nanterre.
Doch die Neugier für die Geschichte des "alten Kontinents" ließ sie
nicht los und so zog es sie anschließend nach Wien, wo sie mit dem Studium der
Politikwissenschaften eintaucht in politische und gesellschaftliche
Zusammenhänge zwischen all diesen Nationen, die so verschiedenen sind und die
doch ein gemeinsames Schicksal eint.
Noch möchte Julia nicht in ihre
französische Heimat zurückkehren, sondern will das europäische Studienabenteuer
weiter leben und möglichst viel Reisen. Neben einer Karriere im Journalismus
kann sie sich auch vorstellen, in die Diplomatie zu gehen. Fühlt sie sich machmal mit 22, nahezu
zweisprachig, dazu einen deutsch-französischen Abschluss in der Tasche und
neuerdings als Mitglied der "Monde Académie" nicht ein bisschen wie
ein "Durchstarter"? Julia muss lachen. "Nein, bei meinem
Jura-Studium war ich eigentlich nur Durchschnitt. Aber wenn du dann etwas findest,
was dir sehr gefällt, wie der Journalismus, dann willst Du es auch gut
machen." Sie hofft, dass die Leser ihre Leidenschaft für die Stimmen aus
der Vergangenheit in ihren Texten spüren. Auf ihre Spurensuche mit Worten
dürfen wir gespannt sein!
Romy Strassenburg
Romy Strassenburg
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