Journalismus macht Schule

Trotz der Krise hat die Medienbranche nicht an Anziehungskraft verloren. Jedes Jahr bewerben sich hunderte junger Menschen auf die raren Plätze an französischen Journalistenschulen und um die begehrten Volontariate in deutschen Redaktionen. Trotzdem ist eine gute Ausbildung längst kein Garant mehr für eine Anstellung. Eine Bestandsaufnahme auf beiden Seiten des Rheins. 

Auf dem Innenhof des Institut Pratique du Journalisme im vornehmen 9. Pariser Arrondissement herrscht reges Treiben. Die Studenten des zweiten Lehrjahres arbeiten an ihrem "journal école", eine wichtige Praxisübung. Hier wird der Redaktionsalltag mit verteilten Rollen simuliert und es soll eine Nachrichtensendung, eine Tageszeitung oder ein Magazin herauskommen, die sich kaum von den "echten" Vorbildern unterscheidet. Das erste Lehrjahr ist den Grundlagen des Berufes gewidmet, im zweiten spezialisieren sich die Studenten auf ein bestimmtes Medium. Die Konkurrenz ist hart, die Perspektiven düster. Trotzdem hängen die Studenten an ihrem Traumberuf. Ob ihre Ausbildung noch zeitgemäß ist und wie man in Deutschland am ehesten erfolgreich in die Branche einsteigt, darüber haben sich drei von ihnen Gedanken gemacht.
                                                                
Von einem Königsweg in den Beruf des Journalisten kann schon lange keine Rede mehr sein. Immer mehr französische Studenten und deutsche Volontäre haben Schwierigkeiten, nach ihrer Ausbildung fest angestellt zu werden. Und trotzdem: Die "École de journalisme" in Frankreich und eine 2-jährige Ausbildung in einem Sender oder einer Redaktion in Deutschland, das so genannte Volontariat, bleiben die klassischen Wege in den Beruf und genießen nach wie vor einen guten Ruf. Beide verfolgen den Anspruch, ein hohes Maß an journalistischer Qualität zu garantieren und sollten sich trotzdem immer wieder aufs Neue hinterfragen, denn so schnell wie sich die Arbeit für Journalisten heutzutage ändert, so schnell muss auch die Ausbildung an die neuen Herausforderungen angepasst werden. 

Weniger Schulen, mehr Exklusivität?

Das französische System staatlich anerkannter Journalistenschulen existiert bereits seit den 20er Jahren und erlebte in den letzten 30 Jahren einen rasanten Aufstieg. Heute gibt es 13 staatlich anerkannte Schulen. An den Presseausweis kommt man dank eines entsprechenden Diploms angeblich doppelt so schnell. Mehr als 60 Prozent der französischen Journalisten schaffen es über Umwege, mit einem journalistischen Universitätsstudium oder dank Praktika und der freien Mitarbeit in Redaktionen.

In Deutschland gibt es hingegen nur eine kleine Zahl an Journalistenschulen und nur 15 Prozent aller Journalisten hat eine von ihnen besucht. Die bekannteste ist die Henri-Nannen-Schule in Hamburg, benannt nach ihrem Begründer, dem einstigen Chefredakteur des Magazins "Stern". Die existierenden Schulen sind meist eng an Verlage oder Pressegruppen gebunden. Die Absolventen der Henri-Nannen-Schule werden an Abteilungen von Gruner & Jahr vermittelt. Auch der Privatsender RTL unterhält eine hauseigene Ausbildungsstätte, ebenso der Axel-Spinger-Konzern.

An deutschen Unis gibt es mittlerweile diverse Ausbildungen, bei denen man das journalistische Handwerk erlernt, zum Beispiel Kommunikations- oder Medienwissenschaften, Publizistik oder Germanistik. Beliebte Zielorte für zukünftige Journalisten sind die Universitäten in Dortmund und Leipzig, sowie die Freie Universität Berlin. Kritisiert wird allerdings die häufig theorielastige Ausrichtung dieser Studiengänge. 

Deutsch-französische Kooperation

Ein Blick auf die deutsch-französische Kooperation in der Journalistenausbildung zeigt verschiedenste Formen der Zusammenarbeit. Diese betrifft zum einen den universitären Bereich. So bietet die Deutsch-Französische Hochschule unter anderem den Doppelstudiengang "Europäische Medienkultur" der Universitäten Weimar und Lyon II an. "Deutsch-Französische Journalistik" heißt der Masterstudiengang an den Unis Straßburg und Freiburg und daneben gibt es zahlreiche Doppelstudiengänge zum Thema Medien und Kommunikation. Zum anderen gibt es ein außeruniversitäres Engagement, um Medienschaffende aus beiden Ländern zusammenzubringen. Die Robert-Bosch-Stiftung organisiert seit den 70er Jahren Austauschprogramme und schickt Journalisten in Redaktionen des jeweiligen Nachbarlandes. Für junge Journalisten bietet das Deutsch-Französische Jugendwerk entsprechende Programme.
Es gibt also eine Reihe von Angeboten für Studenten, die länderübergreifend im Journalismus Fuß fassen wollen oder einen Aufenthalt als Korrespondent ins Auge fassen.

Zusammenfassend lassen sich drei wichtige Unterschiede in der Ausbildung von deutschen und französischen Journalisten ausmachen. Erstens: die typisch deutsche Ausbildungsform "Volontariat" ist praxisorientierter und erlaubt jungen Nachwuchsjournalisten bereits ein Gehalt zu beziehen. Zweitens: in Deutschland spielen Journalistenschulen eine weit weniger bedeutende Rolle bei der Rekrutierung von Journalisten. Die existierenden Schulen sind aber eng an bestimmte Verlage oder Sender gebunden. Die Chancen der Absolventen auf Praktikums- und Arbeitsplätze sind durch die Exklusivität der wenigen jährlichen Abgänger daher höher als bei Studenten französischer Journalistenschulen. Und drittens: durch die föderale Struktur der deutschen Medienlandschaft ist auch die Ausbildung weit weniger zentralisiert als in Frankreich, wo die wichtigsten Medien nach wie vor in Paris ansässig sind. Neben Berlin gelten München, Köln und Hamburg als etablierte deutsche Medienstädte.

Die Wege in den Beruf des Journalisten sind steiniger und verschleierter geworden. Manchmal müssen wir junge Journalisten lange auf unsere Chance warten, um in einer renommierten Redaktion zu arbeiten. Doch am Ende lohnen sich Ausdauer und Hartnäckigkeit, denn noch immer gehört  in unseren Augen der Beruf des Journalisten zu den schönsten der Welt.




Autoren: Mathilde Bouquerel/ Clément Quintard / Sarah-Lou Lepers/ Constance Benard 
Studenten des 1. Lehrjahres am Institut Pratique du Journalisme (IPJ), Paris 
Redaktion: Romy Straßenburg 
Foto: Romy Straßenburg




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Links:

Übersicht über journalistische Studiengänge in Deutschland


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