Vor etwa neun Monaten entschied ich
mich dazu, nach Frankreich zu ziehen, um dort mein Studium zu
beenden. Genauer gesagt nach Lyon, eine Stadt im Südosten
Frankreichs, die auf eine ereignisreiche Geschichte voller
Traditionen zurückblickt.
Frankreich ist allgemein bekannt als ein Land, in dem man stolz auf seine Traditionen ist. Nicht umsonst ist das Nationalsymbol ein Hahn mit äußerst geschwollener Brust. Dass er dabei auf einem Misthaufen steht, muss ja nicht gleich symbolisch verstanden werden. Stolz ist man auf die schillernde Hauptstadt sowie die landschaftliche Vielfalt - warum Frankreich verlassen, wenn man zum Wintersport zum Mont Blanc und zum Bikini-Show-off nach St. Tropez fahren kann? Das Paradebeispiel ist natürlich die „Cuisine Française“, unangefochten verteidigt sie seit Jahren ihre weltweite Spitzenposition. Denn Croissants, Champagner, Camembert & Co sind international begehrt.
Apropos: Lyon ist nicht nur die Stadt,
in der Louis und Auguste Lumière das Kino erfanden, Geburtsstätte
von Antoine de Saint-Éxupery und Heimat des Lichterfests, dessen
Übertragung jährlich auf den Bildschirmen der Welt ausgestrahlt
wird - Lyon ist Frankreichs stolze Gastronomiehauptstadt. Natürlich
kommt Paul Bocuse aus Lyon, woher denn auch sonst. Sich in dieser
Stadt der Küche zu verweigern, gilt als mittelschweres Vergehen.
Vorab: Vegetarier, bleibt zuhause. Oder
ihr habt Glück und das Dessert ist fleischlos. Wurstfreunde: Willkommen im Paradies. Aber selbst für diejenigen, die sich ab und
an Schweinehaxe und Pfälzer Saumagen einverleiben, dürfte die Karte
in einem traditionellen Restaurant in Lyon, genannt Bouchon, das ein
oder andere gewöhnungsbedürftige Gericht bereithalten. Zum
Beispiel die Tripes Lyonnaises, die besser schmecken, wenn man nicht
genau darüber nachdenkt, worauf man gerade rumkaut. Es handelt sich
nämlich um nichts Geringeres als Innereien, in einem Tomatensud
gekocht. Aber bei Leberwurst fragt schließlich auch keiner so genau
nach, wer oder was sich darin tatsächlich befindet. Probieren sollte
man unbedingt den Saucisson Lyonnais, einer würzigen gekochten
Wurst. Für die Vegetarier, die es nicht bis zum Dessert aushalten
empfiehlt sich Quenelle. Eine Art gebackene Klöße, manchmal in
Tomaten- manchmal in Hechtsoße. Man muss eben Abstriche machen im
Leben. Ansonsten sollte man es mit einem Salat versuchen, die
typische Version aus Lyon wird allerdings, natürlich, mit Speck
zubereitet. Ob Vegetarier oder nicht, Tradition und daher Pflicht ist
es, zum Essen ein Glas oder tendenziell eine Flasche Beaujolais aus
der Region zu trinken (das ist zu zweit übrigens ein bisschen
ansehnlicher als allein). Nicht entgehen lassen sollte man sich
außerdem die Tarte à la Praline zum Dessert, eine Tarte mit
pinkfarbenen gebrannten Mandeln, die den nächsten Zahnarztbesuch in
unmittelbare Nähe rücken lässt. Sehr zu empfehlen.
Gewöhnungsbedürftig hin oder her,
probieren geht schließlich über studieren und der in Lyon geliebten
Tradition halber, sollte man den Besuch in einen Bouchon wagen. Falls
wirklich nichts Ansprechendes dabei sein sollte, mangelt es in der
Gastronomiehauptstadt sicher nicht an Restaurants. Und beim
Verdauungsspaziergang versteht man vielleicht, weshalb man hier stolz
auf die Stadt ist. Falls das Aufraffen vom Stuhl doch eher unmöglich
scheint, nur Geduld! In einer Stadt, die auf eine 2000-jährige
Geschichte zurückblickt, gibt es noch eine Menge Traditionen
entdecken, die einem sicher nicht davonlaufen...mehr dazu das nächste
Mal!
Autorin: Nadia Wolf
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